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Kompakter Kubus mit vielfältigem Innenleben

Die deutsche Wissenschafts-Stadt Heidelberg erhält ihr erstes grosses Kongress- und Tagungshaus. Das Basler Büro Degelo Architekten hat ein ausdrucksvolles Gebäude errichtet, das aussen zunächst kompakt und schlicht wirkt, sich im Innern aber als komplex und vielseitig erweist.

Blick von Norden auf den Haupteingang des neuen Kongresszentrums in Heidelberg. | © Degelo
Blick von Norden auf den Haupteingang des neuen Kongresszentrums in Heidelberg. (Bild: Degelo)

Ein Haus für Kongresse und Messen hat der Universitätsstadt Heidelberg bislang gefehlt. Degelo Architekten haben nun ein Kongresshaus entwickelt, das flexibel auf verschiedene Veranstaltungsformate reagieren kann. Rund 3800 Menschen können hier gleichzeitig an Konferenzen, Symposien, Meetings oder Barcamps teilnehmen.

 

Das Heidelberg Congress Center liegt am Hauptbahnhof im neuen Quartier Bahnstadt. Der verglaste Eingang des Sandsteingebäudes ist auf den südlichen Bahnhofsplatz ausgerichtet. Durch die schräg eingezogene Glasfläche am Haupteingang entsteht ein kleiner Vorplatz, dessen auflockernde Wirkung durch einen Knick in der Fassade und eine leicht abfallende Dachkante nach Osten unterstützt wird. Dem gleichen Prinzip folgt der zweite Eingang, der sich zum westlichen Zollhofgarten wendet. Diese Öffnungen verleihen dem Gebäude trotz seiner monolithischen Kompaktheit einen repräsentativen, zugleich aber offenen und einladenden Charakter.

Eine Fassade wie ein Vorhang

Die Fassade besteht – wie das Heidelberger Schloss und viele Altstadtbauten – aus dem rötlichen Neckartäler Hartsandstein. Der massive Sandstein hat eine senkrechte, leicht wellige Struktur. Das erinnert an einen Theatervorhang und verleiht dem Stein durch das Licht- und Schattenspiel einen Hauch von Leichtigkeit. Die Kanneluren wurden als Linienscharrierung – eine alte Steinmetztechnik – digital gefräst und danach manuell ausgebrochen. Durch diese grobe Oberflächenbearbeitung tritt die feine gelbliche Maserung des Natursteins in den Hintergrund.

 

In Kontrast zur Kompaktheit des Gebäudes mit wenigen Fenstern überrascht das Innere mit lichten und hellen Räumen. Dieser Eindruck entsteht bereits beim Betreten des fast 20 Meter hohen, durch Zenitlicht erhellten Foyers und verstärkt sich im fast gebäudehohen grossen Saal. Dort fällt das natürliche Licht durch elliptische Aussparungen am seitlichen Rand des Kappengewölbes, sodass der eigentlich schwere Beton wirkt, als würde sich hier leichter Stoff entfalten. In diesem Raum können bis zu 1800 Menschen Platz finden. Eine kleine Bühne ermöglicht Theatervorführungen und Konzerte.

 

Nicht nur durch die Oberlichter, sondern auch durch die verglasten Eingänge dringt viel natürliches Licht bis tief nach innen. Ein spielerisches Element sind die runden Leuchten aus Opalglas, die wie Seifenblasen an der Decke schweben – die darin verborgenen LEDs sind nach Bedarf steuerbar.

 

Die öffentlichen Bereiche im Gebäude sind fast durchgehend weiss: Weissbeton und helle Terrazzoböden bestimmen das Farbkonzept. Den einzigen, auch haptischen Kontrast bilden die warmen Farbtöne der Türen und Details aus Ulmenholz, das einige Veranstaltungsräume auskleidet. 

 

Massgeblich für das Raumkonzept war, dass das Haus flexibel für grosse und kleine Veranstaltungen aller Art ist – die auch parallel stattfinden können. Durch die beiden Eingänge mit eigenem Foyer ist es möglich, bei Bedarf zwei voneinander getrennte Bereiche zu schaffen, deren Wege sich nicht kreuzen. Insgesamt bietet das Heidelberg Congress Center zwei Säle und neun Tagungsräume, die teilweise miteinander kombinierbar sind, ein Studio für Live-Streaming und Videoproduktion sowie eine Showküche.

Langfristig und nachhaltig

Die stützenfreien Grundrisse lassen bei späteren Nutzungsänderungen eine hohe Flexibilität zu – was sich wiederum günstig auf den Lebenszyklus und damit auf die Ökobilanz auswirkt. Hier kommt auch wieder die kompakte Form des Kongresszentrums ins Spiel: Es entsteht ein günstiges Verhältnis von Oberfläche zu Raumvolumen. Auch die Erschliessungsflächen konnten klein gehalten werden, was eine gute Flächeneffizienz ermöglicht. Die Tragstruktur aus Recyclingbeton speichert eine reduzierte Menge an grauer Energie und sorgt als thermisch träge Masse für eine gute Energiebilanz im Betrieb. Die weitgehend geschlossene Fassade trägt ebenfalls ihren Teil als Speichermasse bei. Die Wärme- und Kälteproduktion kommt mit wenig Primärenergie aus und nutzt die Prinzipien der Nachtauskühlung und der Wärmerückgewinnung. Leitgedanke für das Energiekonzept war, den Bedarf zu minimieren, den Restbedarf mit lokalen und regenerativen Ressourcen zu erzeugen und effizient zu nutzen.

 

Degelo Architekten
Degelo Architekten wurden 2005 von Heinrich Degelo gegründet. Zu seinen bekanntesten Werken zählen das Kunstmuseum Liechtenstein in Vaduz und der Messeturm in Basel – mit seinem ehemaligen Partner Meinrad Morger. 2010 modernisierten und erweiterten Degelo Architekten das Kongresszentrum in Davos, dies bereits mit dem heutigen Büropartner Florian Walter. 2015 bauten sie die Universitätsbibliothek Freiburg um, und 2018 sanierten und modernisierten sie die St. Jakobshalle in Basel.

www.degelo.net

 

Zürich 10.07.2024

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