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wie ChatGPT und Co. die Schweizer Arbeitswelt transformieren, News von Swiss Engineering | © Midjourney

Wie ChatGPT und Co. die Schweizer Arbeitswelt transformieren

Die Anwendungen der Künstlichen Intelligenz (KI) in der Arbeitswelt sind unaufhaltsam und  Schweizer Forschende sind vorne dabei. Willi Bernhard, Mitglied der Sektion Basel Swiss Engineering im Gespräch mit der Verbandsredaktion über ChatGPT und Midjourney.

Willi Bernhard: Wohin führt uns die Künstliche Intelligenz?

Willi Bernhard: Als Ingenieur bin ich davon überzeugt, dass KI-Anwendungen in naher Zukunft sämtliche Arbeitsbereiche durchdringen werden, ähnlich wie es Personal Computer in den 80er Jahren und das Internet in den 90er Jahren getan haben. Es gibt kaum einen Bereich, der von den Auswirkungen Künstlicher Intelligenz unberührt bleiben wird. Schon jetzt kristallisiert sich ein neues Berufsbild heraus - der oder die Prompter:in. Die Aufgabe dieser Person besteht darin, KI-Systeme durch gezielte Anweisungen zu lenken und so optimale Ergebnisse zu erzielen. 


Eine interessante Webseite, der ich regelmässig folge, ist https://theresanaiforthat.com. Dort werden verschiedene KI-Anwendungen gesammelt und vorgestellt. Als ich Anfang Februar 2023 auf der Seite war, waren bereits 1’500 KI-Applikationen gelistet. Heute, nur wenige Monate später, sind es bereits über 4’800. Das bedeutet, dass monatlich über 800 neue KI-Anwendungen hinzukommen. Diese Applikationen haben das Potenzial, die menschliche Arbeitskraft zu ergänzen oder sogar direkt zu ersetzen. Möglicherweise eher bei allgemeinen Bürotätigkeiten, weniger jedoch bei den handwerklichen Berufen.

Warum verwenden Sie ChatGPT und nicht eine Schweizer KI-Anwendung?

Willi Bernhard: Natürlich werden in der Schweiz viele weitere KI-Anwendungen genutzt, die eigenständige Lösungen darstellen. ChatGPT ist jedoch eine relativ einfache Möglichkeit zur Integration mittels einer API-Schnittstelle. Diese gewährt Zugriff auf eine Technologie, die Milliarden an Entwicklungsinvestitionen gekostet hat. Durch die Option des Feintunings von ChatGPT mit eigenen Daten, ist es zudem möglich, massgeschneiderte Lösungen zu implementieren. Die Weiterentwicklungskosten kann man sich dadurch sparen, da die neueste GPT Version 4 (ChatGPT ist Version 3.5) bereits über 1‘000 Milliarden Parameter verfügt. Was will man mehr?

Wie funktioniert ChatGPT, wie Midjourney?

Willi Bernhard: ChatGPT ist ein leistungsstarkes Computerprogramm - ein neuronales Netz mit 175 Milliarden Parametern, das auf der GPT-Architektur (Generative Pre-trained Transformer) von OpenAI basiert. Es ist ein grosses Sprachmodell, das mit riesigen Textmengen aus dem Internet, Büchern, Artikeln und Webseiten trainiert wurde. Dadurch ist es in der Lage, einen eingegebenen Text zu erkennen und Wort für Wort sinnvoll zu ergänzen. ChatGPT wurde entwickelt, um Texte zu generieren, die menschenähnlich klingen.


Eine andere KI-basierte Anwendung ist Midjourney, entwickelt vom gleichnamigen Forschungsinstitut. Midjourney erstellt qualitativ hochwertige Bilder basierend auf Textbeschreibungen. Dabei können entweder einzelne Stichwörter oder ganze Sätze verwendet werden, um das gewünschte Resultat zu erzielen. Die Anwendung bietet verschiedene Bildstile wie Fotorealismus, Aquarell, 3D-Rendering, Illustration, Comic und viele mehr. 

Wie unterscheidet sich Midjourney von anderen Ansätzen zur Interaktion mit Chatbots oder KI-gesteuerten Modellen?

Willi Bernhard: Anders als ChatGPT, verwendet Midjourney für die Texteingabe keine eigene Website, sondern die Kommunikationsanwendung Discord. Die Eingaben in Discord werden automatisch an einen Midjourney-Bot gesendet, der als Ergebnis das Bild an Discord zurücksendet. Da die Discord-Kommunikation generell öffentlich ist, sind auch alle damit erstellten Bilder öffentlich - es sei denn, man abonniert einen privaten Server. 

Was sind die Herausforderungen, was die Chancen?

Willi Bernhard: Der Einsatz von KI-Modellen wie ChatGPT bringt sowohl Herausforderungen als auch Chancen für verschiedene Branchen in der Schweiz mit sich. Als Herausforderungen sehe ich den Datenschutz, die inhaltliche Richtigkeit der Antworten sowie ethische Bedenken. KI ermöglicht Forschern und Entwicklern, komplexe Probleme zu lösen, neue Erkenntnisse zu gewinnen und innovative Lösungen zu entwickeln. Beispielsweise im Marketing, E-Commerce, in der Medizin und in vielen anderen Bereichen. 

Wer ist die treibende Kraft, wie ist die Rollenverteilung in der Schweiz?

Willi Bernhard: In der Schweiz spielt die Zusammenarbeit zwischen Ingenieurinnen und Forschern eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von KI-Modellen. Alle Hochschulen in der Schweiz beschäftigen sich heute mit dem Thema KI und tragen zur Definition des Umgangs mit KI bei oder führen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten durch. Gemäss Switzerland Global Enterprise (S-GE) liegt die Schweiz in der Rangliste der zehn führenden KI-Forschungsländer an dritter Stelle, gleich hinter den USA und China. Den grössten Forschungsstandort ausserhalb der USA unterhält Google in Zürich, mit dem Team „Google Brain“, welches KI erforscht. Mit dem Research Scholar Award 2022 hat Google gleich drei Schweizer Forschende ausgezeichnet. Sie arbeiten an der ETH Zürich und der Universität St. Gallen in den Bereichen künstliche Intelligenz, Quantencomputing und natürliches Sprachverstehen. Auch das IBM Research Lab in Zürich, das Basler Pharmaunternehmen Novartis mit dem AI Innovation Lab forschen an KI. Weitere Unternehmen wie Apple, Disney, Sony, Meta, Huawei, Magic Leap, Microsoft und viele andere betreiben in der Schweiz ebenfalls umfangreiche KI-Forschung.

Welche weiteren Forschungsprojekte laufen zur Zeit in der Schweiz?

In der Schweiz gibt es eine Vielzahl von Aktivitäten im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Ein Beispiel ist das AI Center der ETH Zürich, das mit einem Schülerwettbewerb das Interesse an KI gezielt fördert. Hierbei werden Jugendliche in kleinen Teams von Doktorierenden des ETH AI Centers an die Technologie herangeführt und bei der Umsetzung eigener Projektideen aktiv unterstützt. Ein weiteres bemerkenswertes Projekt ist das Spin-off-Unternehmen der Universität Zürich, das mit seiner KI-Anwendung «textshuttle» Schweizerdeutsch-Übersetzungen durchführt. Typisch schweizerisch ist auch das KI-gestützte Spracherkennungsprogramm «töggl», das Bild- und Tonaufnahmen in Schweizer Dialekte transkribiert. Das Trainingsmaterial für diese KI-Anwendung wurde von SRF, dem Schweizer Radio und Fernsehen, zur Verfügung gestellt.

 

Mit solchen vielfältigen Initiativen unterstreicht die Schweiz ihr Engagement für den Fortschritt im Bereich der Künstlichen Intelligenz.

Zürich 14.06.2023
Beitrag von: Uschi Roth im Interview mit Willi Bernhard, Mitglied der Sektion Basel Swiss Engineering

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