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Neue Technologien für ressourcenschonendes Bauen

Eine digital gefertigte Treppe, die sich in den zweiten Stock windet. Eine hauchdünne, perforierte Betondecke, die den Schall absorbiert. Boden- und Wandmaterialien aus rezyklierten Abfallstoffen. Das neueste Gebäudemodul im Forschungs- und Innovationsgebäude Nest an der Empa ist ein Leuchtturm für materialsparende und energieeffiziente Bautechnologien.

Die Betontreppe «Cadenza» stellt das symbolische Rückgrat des Gebäudes dar. Für die Treppe hat ein Team des ETH-Lehrstuhls «Digital Building Technologies» gemeinsam mit dem Architekturbüro ROK das Potenzial von computergestütztem Design und 3D-Druck ausgeschöpft. | © Zooey Braun
Die Betontreppe «Cadenza» stellt das symbolische Rückgrat des Gebäudes dar. Für die Treppe hat ein Team des ETH-Lehrstuhls «Digital Building Technologies» gemeinsam mit dem Architekturbüro ROK das Potenzial von computergestütztem Design und 3D-Druck ausgeschöpft.

In der Schweiz verschlingt der Bausektor am meisten Rohstoffe, verursacht das grösste Abfallaufkommen und ist verantwortlich für ein Drittel aller CO2-Emissionen. Mit dem Forschungs- und Innovationsgebäude Nest setzt sich die Empa gemeinsam mit Partnern aus Forschung, Wirtschaft und der öffentlichen Hand dafür ein, dass neue Technologien und Materialien für ressourcenschonendes Bauen so weit entwickelt werden, dass sie den Sprung in den Markt schaffen.

 

Jüngstes Beispiel dafür ist die Unit Step2, die Ende August offiziell eröffnet wurde. Das zweistöckige Gebäudemodul ganz oben in der Südostecke von Nest vereint Innovationen, die zum Ziel haben, den Material- und Energieverbrauch zu senken und einen kreislaufgerechten Umgang mit unseren Ressourcen zu fördern. «Gleichzeitig ist es uns ein grosses Anliegen, dass wir Lösungen entwickeln, die marktfähig sind und in der Baubranche tatsächlich eine Zukunft haben», sagt Enrico Marchesi, Innovation Manager im Nest. Im Dreiergespann mit dem Hauptpartner BASF und dem Architekturbüro ROK hat das Nest-Team der Empa deshalb jede Idee genauestens auf Marktrelevanz überprüft.

Ressourcenoptimierte Geschossdecke

Beim Betreten von Step2 sticht zuallererst die Decke ins Auge. Als Rippen-Filigrandecke konzipiert, erlaubt sie Spannweiten von bis zu 14 Metern und eignet sich damit besonders für den Büro- und Hochhäuserbau. Entwickelt wurde die Decke vom Architekturbüro ROK zusammen mit dem Ingenieurbüro WaltGalmarini und Stahlton. Mithilfe von eigens entwickelten digitalen Planungsmethoden und 3D-gedruckten Schalungen für die vorgefertigten Elemente konnten Materialaufwand und CO2-Emissionen verglichen mit einer Beton-Flachdecke derselben Spannweite um rund 40 Prozent gesenkt werden. Neben ihrer strukturellen Funktion übernimmt die Decke weitere Aufgaben: Integrierte, 3D-gedruckte Boxen, die mit einem Tonschaum zur Schallisolation gefüllt sind, sorgen für angenehme Raumakustik. Ausserdem dient die Decke als thermische Speichermasse, wirkt damit ausgleichend auf die Raumtemperatur und ist ein wichtiger Bestandteil des Energiekonzepts der Unit.

«Wir wollen Lösungen entwickeln, die marktfähig sind und in der Baubranche tatsächlich eine Zukunft haben.» Enrico Marchesi, Innovation Manager im Nest

Ins zweite Stockwerk gelangt man über eine geschwungene Betontreppe mit dem klingenden Namen «Cadenza». Sie stellt das symbolische Rückgrat des Gebäudes dar. Die 17 Treppenstufen wurden mit einer einzigen wiederverwendbaren 3D-gedruckten Schalung gefertigt, die eine komplexe und äusserst materialreduzierte Form erlaubt. Die Vorspanntechnik des Empa-Spin-offs re-fer, die auf einer Formgedächtnislegierung basiert, fixierte die aufeinander gefädelten Stufen. In die Realisierung floss zudem die Expertise der ehemaligen BASF-Tochtergesellschaft Forward AM und New Digital Craft im Bereich Material und 3D-Druck der Schalung, sowie des Betonfertigteile-Herstellers SW Umwelttechnik und des Ingenieurbüros WaltGalmarini ein. Gemeinsam haben sie eine einsatzreife Lösung für individuelle Bauvorhaben entwickelt, die aufgrund der digitalen Planung und Fertigung zu effizienten und leistungsstarken Designlösungen beiträgt.

 

Das Ingenieurbüro WaltGalmarini hat für die Unit ein umfassendes Energie- und Behaglichkeitskonzept entwickelt. Zum Einsatz kommt eine von Aepli Metallbau neu entwickelte Doppelhautfassade mit integrierter Beschattung und kontrollierter natürlicher Lüftung. Die Fassade ist selbst eine Versuchs- und Entwicklungsplattform: Mit wenig Aufwand können einzelne Module ausgewechselt und neue Technologien verbaut werden. In einer ersten Phase kommt etwa ein Fensterelement von New Digital Craft mit integrierter, 3D-gedruckter Struktur zum Einsatz, die dem Sonnenverlauf angepasste Beschattung liefert. Dafür brachte BASF im Bereich der digitalen Produktionstechnologien innovative 3D-Druckmaterialien ein, die zudem auch für den Druck der Treppenschalung verwendet wurden.

Oberflächen aus alten Jeans und Kaffeesatz

Nach den Prinzipien des Upcyclings hat BASF gemeinsam mit Partnern Verfahren und Materialien entwickelt, um aus Abfallstoffen Oberflächenbeläge zu schaffen. Die Kombination bestehender Verarbeitungstechnologien mit neuer Bindemitteltechnologie und (Rest-)Rohstoffen erlaubt es, Holzfaserplatten wie auch Textilreststoff und Kaffeesatz durch thermoplastische Verformung dreidimensional zu gestalten. Damit wurden individuell geformte Wandpaneele für die Unit gefertigt. Die Wandpaneele wie auch die Bodenplatten wurden aus Reststoffen von rezyklierten Denim-Fasern, gebrauchten Pappbechern und Kaffeesatz mithilfe eines innovativen Bindemittels und leistungsstarken Beschichtungen hergestellt. Für den Küchenbereich wurde ebenfalls ein neues Bindemittel eingesetzt, um mit Kaffeesatz langlebige, hochwertige Möbeloberflächen herzustellen. Für den Ausgleich sowie die thermische und akustische Isolation des Unterbodens, einer Hohlboden-Konstruktion, kam zum ersten Mal ein spritzbarer, nichtbrennbarer Tonschaum zum Einsatz.

 

Step2 ist als Co-Creation-Plattform und Innovationswerkstatt gedacht. Die Unit wird dem Scouting & Academic Collaborations-Team von BASF um Olivier Enger als Arbeitsplatz dienen. Bereits seit mehreren Jahren pflegen BASF und die Empa eine strategische Partnerschaft; das Team ist seither auf dem Empa-Campus angesiedelt. Olivier Enger ist überzeugt: «Im Nest sind wir an der Schwelle zwischen Forschung und Wirtschaft und können mit unserer Expertise viel für einen erfolgreichen Brückenschlag zwischen Labor und Markt beitragen.»

Zürich 02.10.2024
Beitrag von: Stephan Kälin, Empa
Bildquelle: Zooey Braun

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