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Swissmem: Mehr Wertschätzung für die Tech-Industrie bei der Jugend

Seit der Eröffnung des Westschweizer Büros im Jahr 2013 hat Philippe Cordonier die Präsenz von Swissmem in der Romandie ausgebaut, die Mitgliederzahl verdoppelt und die Verbindungen zwischen Industrie, Politik, Verbänden und Medien gestärkt. Angesichts der jüngsten Krisen plädiert er für stabile Rahmenbedingungen, die Förderung einer widerstandsfähigen Exportindustrie und die Weitergabe dieses Wohlstands an die Jugend. Die neuen Generationen für unsere Industrie zu gewinnen, hat Priorität.

Philippe Cordonier in seinem Büro in ­Lausanne: «Seit meiner Amtsübernahme im Jahr 2013 habe ich unser Netzwerk in der Romandie ausgebaut. Damals hatte Swissmem weniger als 100 Mitglieder in der Westschweiz. Heute haben wir über 230, eine sehr erfreuliche Entwicklung.» | © Roland J. Keller
Philippe Cordonier in seinem Büro in ­Lausanne: «Seit meiner Amtsübernahme im Jahr 2013 habe ich unser Netzwerk in der Romandie ausgebaut. Damals hatte Swissmem weniger als 100 Mitglieder in der Westschweiz. Heute haben wir über 230, eine sehr erfreuliche Entwicklung.»

Philippe Cordonier, man hört oft den Begriff MEM. Was versteht man darunter?
MEM ist die Abkürzung für Maschinen, Elektro- und Metallindustrie. Seit einigen Jahren verwenden wir stattdessen den Begriff Tech-Industrie, der in unserer Kommunikation herausgestellt wird.

Was sind die Unterschiede zwischen Swissmem und der Tech-Industrie?
Unsere Plattform tecindustry hat zum Ziel, die Schweizer Tech-Industrie aufzuwerten. Sie liefert die Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit. Aufbauend auf der MEM-Industrie vereint sie heute alle innovativen Technologiebereiche, wie zum Beispiel Sensortechnologie, Photonik, Robotik, additive Fertigung und industrielle Informatik oder Zukunftstechnologien wie Quantentechnologie oder künstliche Intelligenz (KI). Andererseits ist Swissmem der wichtigste Branchenverband der Schweiz für KMU und Grossunternehmen der Tech-Industrie und vereint über 1400 Mitgliedsfirmen.

Wie kam es zur Gründung des Verbandes Swissmem?
Die Geschichte von Swissmem beginnt 1883 mit der Gründung des Vereins Schweizerischer Maschinen-Industrieller (VSM). Anschliessend wurde 1905 der Arbeitgeberverband der Schweizer Maschinenindustrie (ASM) gegründet, der zu den ältesten Verbänden der Schweiz gehört. Seit 1999 treten diese Verbände unter dem gemeinsamen Markennamen Swissmem auf. Die beiden Verbände bleiben jedoch rechtlich getrennt, da der Gesamtarbeitsvertrag des ASM fakultativ bleibt.

Wie ist die Zusammensetzung der Mitgliedsunternehmen von Swissmem?
Unter unseren über 1400 Mitgliedern können wir auf die Mitgliedschaft der grossen Mehrheit der Grossunternehmen in unserem Land zählen. Bei den Schweizer KMU der Branche sind fast die Hälfte der Unternehmen Mitglied. Hingegen zählen wir nur wenige Kleinstunternehmen zu unseren Mitgliedern. Über 85 Prozent der Mitglieder von Swissmem sind KMU.

Welche Arten von Dienstleistungen bieten Sie Ihren Mitgliedern an?
Wir bieten zwei Hauptkategorien von Dienstleistungen an. Direkte Dienstleistungen umfassen Rechtsberatung mit Unterstützung in den Bereichen Arbeits- und Vertragsrecht sowie Wirtschaftsfragen, beispielsweise bei der Bewältigung von Konflikten, Entlassungen oder komplexen Themen wie Kriegsmaterialexporten oder Dual-Use. Wir organisieren auch Netzwerkveranstaltungen, um den Austausch zwischen Unternehmen und der Wirtschaft zu fördern. Die Förderung der Ausbildung in den acht von uns betreuten Branchen ist ebenfalls eine unserer Prioritäten, um den Nachwuchs für unsere Unternehmen zu sichern. Die indirekten Leistungen konzentrieren sich auf die Förderung der Branche, um den Stellenwert des Sektors zu steigern, Talente anzuziehen und seine Sichtbarkeit zu verbessern. Wir vertreten die Interessen der Industrie durch Lobbying bei politischen Entscheidungsträgern und begleiten innovative Initiativen, die dem gesamten Sektor zugutekommen.

Wie wird die Beitragshöhe für Mitglieder von Swissmem berechnet?
Die Beiträge sind proportional zur jährlichen Lohnsumme jedes Unternehmens. Dies gewährleistet eine gerechte Verteilung der Kosten auf die Mitglieder je nach ihrer Grösse. Der Jahresbeitrag ermöglicht den Zugang zu sämtlichen Dienstleistungen von Swissmem.

Warum ein Büro in der Westschweiz?
Früher machten die Mitglieder aus der Romandie weniger als 10 Prozent der 1000 Mitglieder von Swissmem aus. Das waren nicht einmal 100 Unternehmen. Ohne ein lokales Büro mussten die Unternehmen immer unser Sekretariat in Zürich kontaktieren oder dorthin reisen. Das schränkte ihre Bereitschaft zur Mitarbeit ein und führte zu einer Entkopplung unserer Westschweizer Basis. Die Eröffnung eines Büros in der Westschweiz ermöglichte es, die Beziehungen zu diesen Unternehmen zu stärken, ihre Betreuung zu verbessern, die lokale Industrie zu fördern und die Kommunikation in ihrer Sprache zu erleichtern. Die Präsenz in der Romandie verschaffte unserer Branche auch eine sehr hohe Sichtbarkeit bei politischen Instanzen und in den Medien.

Wie sind Sie zum Verantwortlichen für die Westschweiz geworden?
Im April 2013 wurde ich eingestellt, um das Swissmem-Büro in der Westschweiz zu eröffnen. Als ich eine Anzeige sah, die meinem Profil – ausgebildeter Ingenieur mit solider Erfahrung in der Industrie – perfekt entsprach, war ich sofort von der Idee begeistert, diese Herausforderung anzunehmen. Meine Doppelrolle – technisch und dienstleistungsorientiert – ermöglicht es mir, auf die spezifischen Bedürfnisse von Industrieunternehmen einzugehen und sie gleichzeitig lokal zu betreuen.

Beschreiben Sie Ihre Rolle in der Westschweiz
Meine Arbeit ist vielseitig und vereint mehrere Aufgaben. Einerseits sorge ich dafür, dass die Mitglieder über die Dienstleistungen von Swissmem informiert werden, sei es Unterstützung, Aktivitäten oder Beratung. Gleichzeitig vertrete ich Swissmem auf politischer Ebene, indem ich Lobbying betreibe, in den Medien auftrete und mit anderen Wirtschaftsorganisationen wie Economiesuisse, dem Arbeitgeberverband oder den Westschweizer Industrie- und Handelskammern zusammenarbeite. Meine Aufgabe ist es, die Mitgliedsunternehmen zu unterstützen und die regionale Industrie zu fördern.

Was finden Sie an Ihrer Arbeit besonders interessant?
Es gibt zwei Dinge, die mir besonders gefallen: Das erste ist der Kontakt mit den Unternehmen. Als Ingenieur habe ich den Reichtum, die Innovationskraft und die Vielfalt unseres industriellen Gefüges in der Westschweiz kennengelernt. Unsere Unternehmen sind Juwelen der Weltindustrie, auch wenn sie meist B2B-orientiert und daher der Öffentlichkeit kaum bekannt sind. Sie glänzen durch ihre Qualität und ihr Know-how auf der internationalen Bühne. Dieser Reichtum verdient es, ins Rampenlicht gerückt zu werden, und das ist ein wesentlicher Teil meiner Aufgabe. Zweitens geht es darum, diesen Reichtum an die junge Generation weiterzugeben. Die Gewinnung neuer Generationen für unsere Branche ist eine Priorität, denn wir wissen, dass viele der heutigen Mitarbeiter in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen werden. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, junge Menschen über diese aussergewöhnlichen Berufe und ihr Potenzial für eine erfolgreiche Karriere aufzuklären.

Was sind Ihre Prioritäten für Swissmem Romandie?
Meine Prioritäten für die nächsten Jahre konzentrieren sich auf die Förderung unserer Industrie und ihrer Stärken. Es ist wichtig, unsere Branche für junge Leute attraktiv zu machen, sei es für Berufseinsteiger oder für junge Ingenieure. Wir müssen die massiven Renteneintritte, die uns bevorstehen, kompensieren. Die Attraktivität unserer Branche zu steigern und Talente zu rekrutieren, um die Zukunft unserer Unternehmen zu sichern, bleibt eine zentrale Herausforderung für Swissmem.
Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen für die Industrie in der Schweiz?

 

Es geht darum, die Rahmenbedingungen zu erhalten, die es unseren Unternehmen ermöglichen, wettbewerbsfähig zu bleiben und Abwanderungen zu verhindern. Dazu gehören ein flexibler Arbeitsmarkt sowie Preisstabilität, insbesondere bei Energie, und die Stabilität des Schweizer Frankens. Diese Elemente sind entscheidend, um ein günstiges Umfeld für die Industrie aufrechtzuerhalten, den Schweizer Industriemarkt zu stärken und sicherzustellen, dass unsere Unternehmen weiterhin in unserem Land florieren können.

Blicken Sie optimistisch in die Zukunft?
Die zahlreichen Krisen der letzten Zeit – die Finanzkrise 2009, das Ende des Mindestkurses 2015, Covid-19 2020–2021 und der Krieg in der Ukraine in den letzten anderthalb Jahren – häufen sich in raschem Tempo. Das macht eine Prognose für die nächsten fünf Jahre äusserst schwierig. Unsere Industrie ist stark exportorientiert: 80 Prozent unserer Produktion gehen ins Ausland, davon 55 Prozent nach Europa. Internationale Spannungen, wie der Konflikt zwischen den USA und China, bedrohen unsere Exportkapazitäten und wirken sich auf unsere Unternehmen und ihre Kunden aus. Wir hoffen auf eine Stabilisierung in der Ukraine und friedlichere Welthandelsbeziehungen.

Was passiert, wenn es zu einer Weltwirtschaftskrise kommt?
Eine Weltwirtschaftskrise wäre eine Katastrophe für die Schweizer Wirtschaft, insbesondere für unsere exportorientierte Industrie, die fast 50 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet. Unsere Neutralität war jedoch immer eine Stärke, um unsere Wirtschaft zu schützen. Diese Neutralität darf allerdings nicht dazu führen, dass Rüstungsexporte verhindert werden, da sonst unsere industrielle Basis geschwächt wird. Unsere Armee muss sich auf nationale Kompetenzen verlassen können. Trotz dieser Herausforderungen bin ich optimistisch, dass wir anpassungsfähig bleiben. 

Zürich 05.02.2025
Beitrag von: Interview: Roland J. Keller
Bildquelle: Roland J. Keller

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