Der Polyscope-Artikel-Agent
Lesen Sie diesen Artikel auch im E-Paper der Technischen Rundschau: Technische Rundschau 03/2025
KI-Agenten revolutionieren die Art und Weise, wie wir mit Technologie interagieren, verändern Industrien und gestalten unser tägliches Leben neu. Von virtuellen Assistenten bis hin zu autonomen Fahrzeugen werden KI-Agenten immer ausgefeilter und in verschiedene Aspekte der Gesellschaft integriert. Wie das aussehen könnte, das zeigt FAEL-Vorstandsmitglied Oliver Schlösser auf.
Das Gebiet um Künstliche Intelligenz (KI) erlebt derzeit eine Innovation um die andere. Gerade im Bereich um KI-Chatbots wie ChatGPT oder DeepSeek sehen wir immer bessere Lösungen, die uns Aufgaben aus dem täglichen Leben abnehmen können. So kann man zum Beispiel seine nächste Wanderung in einem unbekannten Gebiet planen oder ganze Texte in eine andere Sprache übersetzen. Bei diesen Modellen handelt es sich aber nur um einen Teil des Fachbereichs Künstliche Intelligenz, dem «Deep Learning» (siehe Bild). Diese Large-Language-Modelle sind gut darin, komplexe Inhalte zu strukturieren und darzustellen und machen dabei eine für uns natürliche Interaktion mit einer Texteingabe möglich. Der Nachteil: Bei diesen Modellen braucht es eine konstante Aktion von unserer Seite. Hier kommen KI-Agenten ins Spiel. Sie sollen uns verschiedenste Arbeiten abnehmen und autonom komplexe Aufgaben lösen.
Was sind KI-Agenten?
KI-Agenten sind Softwareprogramme, die Aufgaben autonom oder halbautonom ausführen und oft menschliches Verhalten nachahmen. Sie können ihre Umgebung wahrnehmen, Entscheidungen treffen und Massnahmen ergreifen, um bestimmte Ziele zu erreichen. Sie können sich dabei verschiedenste KI-Methoden zur Hilfe ziehen und auch wieder andere KI-Agenten benutzen. Dabei werden grundsätzlich drei Typen von KI- Agenten unterschieden.
Reaktive Agenten reagieren auf spezifische Reize, ohne einen internen Zustand aufrechtzuerhalten. Sie arbeiten auf der Grundlage vordefinierter Regeln und lernen nicht aus vergangenen Erfahrungen. Sie sind daher oft simpler und kommen mit weniger Rechenleistung aus. Als Beispiel kann man sich hier ein Sicherheitssystem vorstellen, das Hausbesitzer über ungewöhnliche Aktivitäten alarmiert.
Deliberative Agenten halten einen internen Zustand aufrecht und nutzen ihn, um Entscheidungen zu treffen. Sie können planen und über ihre Handlungen nachdenken, oft unter Verwendung komplexer Algorithmen und Modelle. Selbstfahrende Autos beispielsweise nutzen deliberative Planung, um sich in komplexen Umgebungen zu orientieren. Sie treffen Entscheidungen über Spurwechsel, Geschwindigkeitsanpassungen und Routenoptimierung basierend auf Echtzeit-Verkehrsdaten und langfristigen Zielen wie dem sicheren und schnellen Erreichen eines Ziels.
Hybride Agenten kombinieren verschiedene Typen von KI-Methoden und nutzen deren Stärken, um ein ausgefeilteres Verhalten zu erreichen und so komplexere Probleme zu lösen.
Ein Blick zurück: Der Start von KI-Agenten
Die Entwicklung von KI-Agenten wurde durch Fortschritte im maschinellen Lernen, in der Verarbeitung natürlicher Sprache und in der Robotik vorangetrieben. Frühe KI- Agenten waren in ihren Fähigkeiten begrenzt und basierten
oft auf einfachen regelbasierten Systemen. Mit dem Aufkommen des Deep Learning und neuronaler Netze sind KI-Agenten jedoch leistungsfähiger und vielseitiger geworden. Einer der bedeutendsten Meilensteine in der Entwicklung von KI-Agenten war die Schaffung von IBMs Deep Blue, der 1997 den Schachweltmeister Garry Kasparov besiegte, oder Googles AlphaGo, der 2016 den professionellen Go-Spieler Lee Sedol schlug. Diese Errungenschaft zeigte das Potenzial von KI-Agenten, komplexe Aufgaben zu bewältigen und mit menschlichen Experten zu konkurrieren.
Ein Blick nach vorne: Anwendungen von KI-Agenten
Welche Aufgaben könnte ein KI-Agent also für uns in Zukunft übernehmen? Nehmen wir als Beispiel diesen Artikel und stellen uns vor, wie ein KI-Agent diesen für uns verfassen würde (siehe Bild oben rechts): In meinem Kalender findet der KI-Agent einen Abgabetermin für einen Artikel. Es kann sein, dass ich das Thema bereits definiert habe, oder der Agent untersucht die Themen, mit denen ich mich im vergangenen Monat beschäftigt habe und definiert selbst ein passendes Thema. Mit diesen Informationen startet dann der Orchestrierungs-Agent die Arbeit am Artikel. Seine Aufgabe ist es, den Prozess des Erstellens des Artikels zu koordinieren und die verschiedenen Schnittstellen zu den anderen Agenten zu bedienen. Was folgt sind Recherche, das Schreiben des Artikels, eine Überprüfung des Inhalts durch den Redaktor-Agent, das Suchen und/oder Erstellen von geeigneten Bildern. Der fertige Artikel wird dann zur Kontrolle vorgelegt und kann danach abgegeben werden. Ein wichtiger Punkt in diesem Prozess ist, dass nicht alle Agenten die gleichen Möglichkeiten haben, mit der Aussenwelt zu interagieren. So können für den Recherche-Agent die Webseiten limitiert werden auf Quellen, denen wir vertrauen. Auch kann der Zugriff zum Internet nur für gewisse Agenten erlaubt sein, andere werden wiederum lokal auf unserem Rechner ausgeführt.
Natürlich gibt es eine Vielzahl von Beispielen aus verschiedenen Branchen, wie KI-Agenten eingesetzt werden können. Im Gesundheitswesen etwa können Agenten zur Unterstützung bei der Diagnose von Krankheiten, der Empfehlung von Behandlungen und der Überwachung der Gesundheit von Patienten eingesetzt werden. Im Finanzwesen können KI-Agenten autonom Handel betreiben oder auch betrügerische Handlungen selbständig aufdecken. Auch das Beispiel von autonomen Fahrzeugen oder einer Weiterentwicklung zu Transport-Agenten, welche ein Fahrzeug zu uns nach Hause schicken, wenn wir es brauchen, zeigt, wie KI-Agenten einen disruptiven Einfluss auf unsere täglichen Gewohnheiten haben können. Eine weitere Aufgabe von KI-Agenten wird die Überwachung von anderen KI-Agenten sein. Man spricht in diesem Zusammenhang vom «Guardian Angel», also Schutzengel. So kann ein automatisiertes Sicherheitssystem einer Anlage über einen KI-Agenten überwacht und im Krisenfall geregelt werden. Die Frage bleibt hier, wie schon Juvenal in seinen Satiren gefragt hat: «Quis custodiet ipsos custodes?», also: «Wer bewacht die Wächter?» Auch diese Aufgabe könnte wieder ein KI-Agent übernehmen. Fest steht, dass der Mensch aus dem Regelkreis verschwinden wird, wo immer dies möglich ist und wo die Effizienz dadurch gesteigert wird.
Herausforderungen
Doch bringt der Einsatz von KI-Agenten auch Herausforderungen mit sich. Allen voran sind dies die Cybersicherheit und der Schutz der persönlichen Daten. Man kann sich vorstellen, dass KI-Agenten auch für Betrugsversuche verwendet werden können. Zudem steigert jede Form von Automatisierung auch das Risiko von Arbeitsplatzverlusten. Und schliesslich bleibt noch zu klären, wer in der Pflicht ist, wenn ein Schaden verursacht wird. Diese Diskussion können wir aktuell bei autonomen Fahrzeugen verfolgen: Ist der Hersteller bei einem Unfall haftbar, oder der Besitzer, oder die Firma, die die Software entwickelt hat? Was, wenn die Software als Open-Source verteilt wird? Diese und weitere Fragen gilt es je nach Anwendungsbereich zu klären und zu beantworten. Fest steht, dass der schnelle Fortschritt in der Technologie und die Innovation im Feld der KI-Agenten immer weitere solcher Fragen aufwerfen wird.
Fazit
KI-Agenten werden die Art und Weise, wie wir leben und arbeiten, verändern. Sie bieten beispiellose Möglichkeiten für Innovation und Verbesserung von bestehenden Prozessen. Mit dem Fortschreiten der Technologie werden die Fähigkeiten von KI-Agenten erweitert, sodass sie zunehmend komplexe Herausforderungen bewältigen und der Gesellschaft grössere Vorteile bringen können. Die Frage, die bleibt, ist, wie wir diese Fortschritte sicher, verantwortungsvoll und gerecht nutzen werden.
Beitrag von: Oliver Schlösser, Vorstandsmitglied Fachgruppe für Elektronik und Informatik
Bildquelle: FAEL